...hier endlich mal gut, SEHR GUT in Worte gefasst:
"Es gibt kein äußeres Zeichen der
Höflichkeit, das nicht einen tiefen sittlichen Grund hätte. Die rechte
Erziehung wäre, welche dieses Zeichen und den Grund zugleich
überlieferte."
von Johann Wolfgang von Goethe
(28.08.1749 — 22.03.1832)
Wir haben, wenn wir uns umschauen, eine Bloglandschaft entstehen
lassen, die vielfältig, bunt und abwechslungsreich ist. Wir haben
Bloggerinnen, die sich unterscheiden:
Große und Kleine, Dicke und Dünne, Graue und Bunte, Junge und Alte. Und
all diejenigen dazwischen. Manche nähen, andere stricken, einige tun
beides, wieder andere können noch mehr. Es gibt Bilder, die sprechen
und Texte, die malen. Es gibt die Ausschweifenden und die sich
Kurzfassenden.
Aber wir unterscheiden uns nicht nur, wir sind uns auch einig in vielen Dingen:
Wir lieben unser Hobby. Wir sind stoff– und/oder wollsüchtig. Wir
suchen Inspiration, wir teilen sie. Wir machen uns Gedanken über
unsere Kleidung und finden anderes dennoch wichtiger. Wir schreiben
Blogs und wir lesen sie. Wir suchen Rat und gewähren Hilfe. Und von
Zeit zu Zeit ärgern wir uns:
Über uns und einen dummen Fehler. Über unseren Fehlkauf. Über eine
falsche Entscheidung. Über unsere Familie, Kollegen, den Autofahrer,
der uns die Vorfahrt genommen hat.
Im virtuellen Raum ärgern wir uns auch — manchmal. Wenn das Postfach
mit Spam zugemüllt wird. Wenn die Schuhe in 39 ausverkauft sind,
weil man eine Minute zu spät geklickt hat. Wenn das Schnäppchen bei ebay
uns vor der Nase weggeschnappt wird.
Oder wenn es unseren Blog, den Blog der virtuellen (oder ganz und gar
realen) Freundin angeht. Wenn die Höflichkeit nicht gewahrt wird. Ganz
klar: über manche Kommentare ärgern wir uns.
Das kann ein kleiner, flüchtiger Ärger sein, weil eine von uns gestellte Frage zu klar beantwortet wurde.
Das kann ein größerer Ärger sein, wenn man von einer anonymen Person übelst beschimpft worden ist.
Es kann aber auch ein stetiger Ärger sein, der immer wieder an uns
nagt. Nichts wirklich Schlimmes, Bösartiges, aber eben doch bissig. Ein
Kommentar, der ungefragt und unhöflich abgegeben wird. Der klein
macht, der traurig macht, der unsicher macht. Immer und immer wieder.
Der uns zweifeln lässt: an dem Selbstgemachten, an unserem
Spiegelbild, an unseren Talenten. Der manchmal ins Schwarze trifft. Oft
aber daneben.
Auch unser eigenes Verhalten macht uns dann zu schaffen: sollen wir
einen solchen Kommentar wortlos löschen (was uns irgendwie feige
vorkommt)? Sollen wir ihn ignorieren (was wir zumindest gedanklich ja
nicht tun)? Ihn ernst nehmen, darauf antworten, eine — ungewollte —
Diskussion in unserem Blog, unserem Tagebuch lostreten? Einen gemeinen
Kommentar zurück schießen? Was immer wir tun, wir fühlen uns nicht wohl.
Und warum? Nicht, weil jemand vielleicht den Finger auf den richtigen
Punkt gelegt hat oder seine — von unserer eigenen Auffassung
abweichende — Meinung kundgetan hat. Sondern, weil der Kommentator
unhöflich war und von Unhöflichkeit ist unsere Welt zu voll. Nur, was
ist unhöflich?
Es ist unhöflich, einer Mitbloggerin die eigene Meinung ungefragt und ohne Bitte, Danke, Darf ich aufzudrängen.
Es ist unhöflich, einer Strickanfängerin zu sagen, wie verzogen, krumm und schief ihr erstes Werk ist.
Es ist unhöflich, einer runden Bloggerin mitzuteilen, dass sie mit
ihrer Figur doch besser auf dieses oder jenes verzichten solle.
Es ist unhöflich, eine große Bloggerin zu fragen, ob sie sich in den hohen Schuhen nicht wie eine Giraffe fühlt.
Es ist unhöflich, ungefragt mehr als einen Link in einen Kommentar zu setzen.
Es ist unhölflich, einen Kommentar abzusenden, der kaum lesbar ist,
weil Dinge wie Recht-, Groß– und Kleinschreibung als unwichtig
erachtet werden.
Es ist unhöflich, eine Diskussion zu erzwingen.
(All dies sind Beispiele von verschiedenen Kommentatorinnen auf verschiedenen Blogs.)
Es ist — kurz gesagt — unhöflich, sich nicht wie ein Gast zu benehmen.
Gerne kommt die Ausrede, dass wir uns mit unserem Blog, mit Text und
Bild ja in die Öffentlichkeit begeben hätten und deshalb nun auch alles
gelten lassen müssten — wer das nicht könne, müsse halt das Bloggen
beenden.
Ja. Bloggen ist öffentlich. So öffentlich wie das Einkaufen gehen, das
im Kaffeehaus sitzen, das Busfahren. Aber ist es deshalb in Ordnung,
durch die Straßen zu rennen und jede Frau anzuhalten, die den eigenen
Ansprüchen nicht genügt?
"Hallo, Sie da! Also Orange ist ja mal gar nicht ihre Farbe, ziehen Sie
das bitte aus, Sie sind hier schließlich in der Öffentlichkeit. Und
Sie da hinten, ja Sie: ähm, enger Rock? Bei Ihrem Hintern? Also raus
hier, ich will ungestört Bus fahren …" Geht nicht? Stimmt, geht nicht.
Man kann auch kommentieren, ohne ein Mindestmaß an Höflichkeit zu
verlieren. Oder ich kann den Weg über eine persönliche Mail wählen,
wenn ich das Gefühl habe, jemanden mit meinen Tipp einen echten Gefallen
zu tun. Ich kann kurz anfragen: "Darf ich etwas dazu sagen, auch wenn
ich anderer Meinung bin?"
Oder ich kann meine Meinung für mich behalten, wenn ich merke, die
Bloggerin ist mit dem Gezeigten glücklich und fühlt sich wohl; ja, ich
kann sogar in mich hineingrinsen, wenn es mir gar nicht gefällt. Wir
sind unterschiedlich und haben einen unterschiedlichen Geschmack —
das müssen wir respektieren, auch wenn es manchmal schwer fällt.
Ich kann sogar helfen, kritisieren und ehrlich sein — und dabei meine
Höflichkeit bewahren. Ich muss mich immer dem Ton, den Gebräuchen
meiner Gastgeberin anpassen. Die eine Bloggerin fragt: "Was kann ich
tun? Steht mir dies, steht mir das?" Die Andere hingegen berichtet
nüchtern, was sie mag, was nicht. Wieder Andere mögen es lieb und sanft —
ich als Kommentatorin und Mitbloggerin belasse es dabei. Blogs, die
ich lieber anders hätte als sie sind, besuche ich nicht mehr. Blogs,
die ich liebe, behandele ich mit Freundschaft. Bloggerinnen, die ich
gut kenne, bekommen mich ungeschminkt. So einfach kann das sein.
Wir möchten unsere Bloglandschaft genauso bunt und vielfältig erhalten, wie sie ist. JEDE soll ihren Platz finden können.
Aber bitte bemühen wir uns ALLE jederzeit um Höflichkeit.
Wenn du das genauso siehst, steht es dir frei, diesen Text auf deinem
Blog zu veröffentlichen — weiterhin auf ein schönes Miteinander.
Dieser Text wurde von hier übernommen und für genau so empfunden
lieben gruß Jaike